Mit leicht verzehrtem Blick greift Yume gerade nach einem Kamm. Sie befindet sich im Bad der zweiten Etage, also die, in der sich ihr Zimmer befindet. Das große Haus der Familie Togedoku besteht aus drei Etagen. Der ersten, die schon nicht klein ist, die zweite und auch noch der Dachboden. Zudem exsistiert auch noch ein Keller. Nach Aussen hin könnte man also meinen das Yume ein verdammt gutes Leben hätte - trotzdem würde sie ihren Wohnplatz liebend gerne mit einer eigenen Ein-Zimmer Wohnung tauschen - ohne zu zögern, versteht sich.
Das kleingewachsene Etwas denkt nochmals an die Situation zuvor zurück, als sie noch alle in dem Essraum waren.
- Spoiler:
(Übersicht der Räume)
Das eigenartige an der Wohnung ist wohl dieser Mischmasch aus traditioneller und neuartiger Architektur. Der Essraum, welcher auch die Küche beinhaltet zählt eher zu dem neumodischen Teil des Hauses. Die Einrichtung ist einfach, der Tisch ist meist leer...und wenn nicht hat Yume´s Vater Kyōdai mal wieder seine Ninjawerkzeuge dort ausgebreitet um sie auf Vordermann zu bringen. Das Wohnzimmer hingegen hat schon eher einen etwas älteren Touch. Zwar gelangt man durch einen Flur mit Steinwänden zu diesem Raum, allerdings wird dieser durch eine Schiebewand in zwei Hälften geteilt. Auch an den Wänden stehen die Papierbespannten Trennwände, nur das diese eher für die Optik und weniger für den Zweck dort stehen. Der Boden besteht überall aus einem schönen dunklen Holz, das nahezu garnicht knarzt. Das Bad in dieser Etage ist groß, sehr groß, mit einer Wanne in der sich zwei Personen sogar richtig breit machen könnten und auch den üblichen Teilen, die sich in einem Bad befinden sollten. Zuletzt ist da noch der Arbeitsraum, in dem Kyōdai wohl immer seine Berichte schreibt. Laut dem was Yume mitbekommen hat, befindet sich auch ein Großteil seiner Waffen in diesem Raum. Was allerdings die Inhalte der Schriftrollen sind...nun...darüber kann Yume nur spekulieren.
Um zur zweiten Etage zu gelangen muss man erst eine Treppe hinauf schreiten - die einen sofort in einen sehr breiten "Flur" führt, der in weiteren Räumen mündet. Zuerst kommt da das Schlafzimmer der Eltern, von dem Yume keinen blassen Schimmer hat wie der Zustand dieses Raumes ist. Es folgt ein sehr kleiner Raum, mit einem Regal und mengenweisen Büchern, Schriftrollen, Werkzeug, etc. Man könnte es als einen Mischmasch zwischen Abstellkammer und Wissenssammlung sehen. Dann noch das Gästezimmer, das einen relativ kalten Eindruck macht, allerdings seinen Zweck erfüllt: Und zwar mit einer Couch und einer Ansammlung an Kissen.
Direkt gegenüber befindet sich dann endlich das Zimmer von Yume. Ein von Chaos und Unordnung geprägter Raum...größtenteils. Teilweise hat man das Gefühl bomben wären eingeschlagen, doch gewisse Teile sind ordentlich und aufgeräumt: Wie beispielsweise die Arbeitsfläche. In ihrem Zimmer steht sogar eine zweite Tür, die im letzten Raum mündet: Das Bad dieser Etage. Vom Hausflur aus kommt man nicht in das Bad herrein, da ein Regal vor diese Tür geräumt wurde die das ganze blockiert.
Nach oben hin gibt es dann einzig noch die Klappe zum Dachboden, der natürlich über und über voll mit Gerümpel ist. Den Keller hat Yume noch nie zu Gesicht bekommen.
Sie hat die Situation noch ganz genau vor Augen: Wie der aufbrausende Vater wieder eine seiner Hassreden-Anfälle hat, wie seine Frau ihn zu beruhigen versuchte und wie Yume selber sich mit einem...nun...recht ungeschickt gewähltem Kommentar verzieht.
Das nächste was passierte war nur ein lautes Klirren und ein schrecklicher Schmerz der sich durch ihren Schädel zog.
Mit den Gedanken genau in dieser Situation hängend, starrt sie den Kamm in ihrer Hand an. Die junge Kunoichi blickt daran vorbei in den Spiegel, in dem ihr eigener matter Blick auf sie zurück prallt.
Hätte sie nur vorher daran gedacht, das ihr Vater die Sakeflasche werfen könnte. Yume setzt mit dem Kamm am Haaransatz an und beginnt, langsam zu kämmen. Hoffentlich haben sich keine Glasspliter dort verfangen...
Sofort zuckt sie zusammen. Jeder Zug brennt schrecklich - der Schmerz bohrt sich auf penedranter, hinterlästiger Weise in ihr Hirn hinein.
"Du Idiot...", schallt es leise durch das Bad, wobei unklar ist ob sie nun sich selber oder ihren Vater meint. Obwohl...ein Idiot war dieser Mann definitiv...schließlich hatte die Sakeflasche sie genau am Hinterkopf erwischt und ist zu ihrem Glück auch schööön zersprungen. Das war ein Fest, unter Haargewirr und Blut die Splitter wieder raus zu zupfen...Aber um ganz sicher zu sein, kahm Yume zuvor zu genau jenem Entschluss, den Rest raus zu kämmen - der Rest der VIELLEICHT vorhanden ist.
"Tsssh!", zischt sie auf, bei einem weiteren Zug, der erneut wie Feuer brennt. Nach der ganzen Prozedur wäscht sie sich auch die Haare, um das getrocknete Blut los zu werden. Zum Schluss verbindet die Kleine den brummenden Schädel, wobei sich der Spiegel im Bad als mehr als nur Nützlich erwies.
Sie begibt sich wieder zu ihrem Zimmer, nur um dann vor dem Fenster auf die Knie zu fallen und hinaus zu sehen.
"Idiot...", brummt sie erneut...eine kurze Stille kehrt ein und wieder wispert sie leise:
"Idiot...Idiot...Idiot...", ganz langsam beginnt sie, sich mit ihren Fingernägeln in ihr eigenes Gesicht zu krallen:
"Idiot! WARUM!?"Die ersten Tränen fließen. Ja, warum? Warum hätte sie nicht ihren Mund halten können? Warum hat er umbedingt mit der Flasche werfen müssen? Warum ist ihre Mutter erst zu ihm...und nicht zu ihr gerannt?
"Warum...warum kann niemand meine Schreie hören?! Ich will nicht mehr alleine sein! Hilf mir doch...", tränen quellen hervor, streichen langsam ihre Wangen hinab, wärend sie - bemüht ihren Hilfeschrei weiter im Stillen von sich zu geben - versucht genau jene Tränen zurück zu halten.
Einige Stunden tritt Stille ein. Sie blickt auf, aus dem Fenster hinaus...und stellt fest, das die Sonne scheint. Noch ist etwas Retwärme übrig...noch lacht die Sonne.
"Du...Idiot...", murmelt sie nochmals, sich ein kleines Lächeln erzwingend.
Sie steht auf um sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.
"Ich sollte...etwas Sinnvolleres als Rumsitzen machen..."Somit dreht sie sich um, um diese vier Wände zu verlassen, wobei ihr Blick auf den Kimono von Mika fällt.
"Ohw!", entdringt es aus ihrer Kehle:
"Stimmt...der fliegt ja immer noch hier rum..."Planlos wabert ihr Blick für einen Augenblick lang auf dem Boden umher. Wenn sie sich doch nur gemerkt hätte wie sie zu seiner Wohnung gelangt war. Und ohne seinen vollen Namen kann sie sich nichtmals nach seinem Wohnort erkundigen.
"Uff...", brummt Yume, wärend sie sich die restliche Röte entgültig aus dem Gesicht reibt.
Der Wirbelwind schnappt sich alles Zeugs das sie dabei haben will und begibt sich zur Ausgangstür.
Kein Wort des abschieds fällt. Sie verschwindet klammheimlich.